Eine Frau, ein Motorrad, ein Zelt - Eine Reise
Das erste Mal alleine und ohne großen Plan mit dem Motorrad in's Ausland
Die Welt ist zu schön, als dass wir nur in unserer bekannten Umgebung bleiben.
Sie hat so viel zu bieten, dass es Verschwendung wäre, wir würden uns nicht auf den Weg machen, sie besser kennen zu lernen.
Das Glück, in einer Welt zu leben, wo Freiheit des Denkens und Wandelns nicht erkämpft werden muss, sondern als Standard gilt,
wird wohl selten so klar wie auf einer Reise.
Freiheit, ein Geschenk das JEDER verdient hat.
Das Ziel dieser Reise war es , länger als die üblichen 3-4 Tage mit Motorrad und Zelt unterwegs zu sein und dabei ausländischen Boden zu befahren.
Letzteres hatte ich in den vorherigen 9 Monaten , seit ich den Motorradführerschein besaß, immer nur für einige Stunden getan.
Mein Bedürfnis nach Freiheit war groß,
Neues entdecken,
völlig losgelöst von dem üblichen Alltag und rein ins Abenteuer Reisen.
Und so packte ich im August 2018 meine 3 Köfferchen und fuhr ohne große Planung über Raum und Zeit los.
Drei Wochen hatte ich zur freien Gestaltung meiner Zeit und ich wollte sie nutzen, um mit Motorrad und Zelt ein Stück mehr von der Welt und mir als Reisenden zu entdecken.
Am 04.08.18 fuhr ich los nach Konstanz am Bodensee, wo ich für die ersten beiden Nächte auf einem Campingplatz nur wenige Meter vom Bodensee entfernt mein Lager aufschlug. Anschließend ging es für zwei Nächte auf einen Campingplatz im Schwarzwald, denn dort ist eine günstige Ecke für schöne Wanderungen.
Bis auf diese ersten beiden Stationen, hatte ich keinen konkreten Plan, wohin meine Reise gehen sollte. Slowenien, Frankreich, Schweiz, Italien, Belgien waren Optionen, die mir im Kopf herum schwirrten; Hauptsache ich konnte viel Fahren, Neues entdecken und ins Ausland, denn dort war ich bis auf vereinzelt mal einen Tag mit dem Motorrad noch nicht gewesen.
Da meine Maschine dringend ein neues Lenkkopflager benötigte ( das war nach 70 000 km schon längst fällig ), entschloss ich mich von Süddeutschland aus über Frankreich hoch nach Greffern in Baden Württemberg zu fahren, wo ich einen guten KFZ Mechaniker kannte.
Von ihm bekam ich außerdem einige Tipps für schöne Ecken und Pässe in Frankreich und so fuhr ich, einen Tag mit ihm und seiner Frau gemeinsam Richtung Cote d'Azur. Von dort aus über ein kleines Stück Italien wieder nach Ostfrankreich und dann zurück nach Hause ins Rheinisch Bergische.
Insgesamt war ich 16 Tage unterwegs und bis auf zwei Nächte und zwei Tage reiste ich alleine und mit Zelt, was ich zu keinem Zeitpunkt hätte ändern wollen.
Was habe ich erlebt
In Frankreich war ich zuvor noch nie und ich fühlte mich vom ersten Augenblick an sehr wohl dort. Die Schweiz und Italien habe ich nur für ein paar Kilometer angefahren.
Eine andere Sprache und Kultur um sich zu haben, in die ich für die Zeit in Frankreich total eintauchen konnte, hat mich sehr bereichert.
Trotz dass ich nur bruchstückhaftes Schulfranzösisch spreche, was ich dort zum ersten Mal gebrauchte, stand die Kommunikation mit Zuhilfenahme von Deutsch, Englisch(eher weniger) , Gestik und Mimik.
Das Lebensgefühl der Menschen dort und ihre genussvolle, offene und entspannte Art, hat sich auf mich übertragen und ich habe mich vom ersten Augenblick an vollkommen wohl gefühlt in diesem Land.
Ich durfte auf meiner Reise an unterschiedlichsten Stationen interessante Menschen und ein Stück aus ihrem Leben kennenlernen, was mir jedes Mal große Freude, interessante Einblicke und andere Perspektiven gebracht hat. Die Begegnung mit den Menschen dort empfinde ich durchweg als äußerst offenherzig, warm und humorvoll und ich beschließe noch während meiner Reise, dass ich einige von ihnen wiedersehen möchte.
"Bist du GANZ ALLEINE unterwegs? Hast du keine Angst?“ wurde ich oft gefragt.
Ja, ich bin alleine gereist, und ja es gab Momente in denen ich Angst hatte.
ABER, wie alleine ist man auf solch einer Reise?
Auf jedem Campingplatz, in jedem Café und jeder Tankstelle lassen sich Gesprächspartner und neue Bekanntschaften finden, wenn man es denn möchte, und auch wenn man es nicht möchte, kommt es zu Stande. Als Reisende wurde ich überall freundlich empfangen, ob von Einheimischen oder anderen Reisenden. Ich war allein unterwegs, aber nicht einsam.
Und ja, es gab auch Momente, z.B. wenn es nachts heftig gewitterte, wo ich mir gewünscht habe, nicht alleine in meinem Zelt zu sein, aber zum einen hat man auf einem Campingplatz - auf solch einem habe ich ja immer genächtigt – um sich herum überall Menschen. Zum anderen, wie schlimm ist es solche Momente alleine durchzustehen? Weder tödlich noch schädlich und wenn am nächsten Morgen die Sonne aufgeht... ist diese Angst schon wieder vergessen.
Es gibt Frauen, die reisen alleine in wesentlich bedenklichere Länder und zelten in der Wildnis. Dagegen war das , was ich gemacht habe ein Zuckerschlecken.
Das alleine Reisen empfinde ich als eine große Freiheit, denn ich kann machen was, wann und so lange ich will, ohne es mit Jemandem vorher abklären zu müssen, mich festzulegen oder mich anzupassen.
Die eigenen Fähigkeiten und Stärken lassen sich nun mal am besten herausfinden und fühlen, wenn man sich Herausforderungen stellt und niemand da ist, der sie einem abnimmt oder leichter macht. Am Ende gehe ich gestärkt aus dieser Reise.
Das Zelten und viele Draußen sein hat nicht nur meiner Laune, sondern auch meiner Gesundheit unheimlich gut getan. Da ich Allergikerin bin ( Hausstaub, Tierhaare und Pollen) habe ich permanent Nasenspray mit Cortison und in schlimmen Phasen abschwellendes Nasenspray in Gebrauch. In diesen 16 Tagen habe ich beides nicht einmal benötigt. Keine Allergie, keine Erkältung oder sonstige Beschwerden.
Frische Luft und das naturnahe Leben sind für mich die beste Medizin gegen Stress und körperliche Malessen.
Schon nach wenigen Tagen auf der Reise fern von meiner üblichen Umgebung und deutschen Hygienestandarts, schätze ich die selbstverständlichsten Dinge wert.
Vom Gefühl, frisch gewaschene Hände zu haben, ein sauberes Shirt anzuziehen bis hin zur einfachen Verständigung in meiner Muttersprache.
Es ist, als ob alles intensiver wird und der Fokus der Wahrnehmung sich verändert.
Jeden Tag, wenn ich mein Motorrad anmache und am Ende einer Tour wieder aus, bin ich dankbar, dass ich Pannen- und unfallfrei an meinem Ziel ankomme.
Wenn man an einen Unfallort kommt, wo gerade ein Motorradfahrer samt Sozius eine Kurve nicht ganz bekommen hat, sein Motorrad in der Leitplanke steckt und er auf der Trage in den Rettungswagen geschoben wird, dann wird einem klar, wie schnell es gehen kann...
Nur eine Sekunde im falschen Moment Unaufmerksamkeit kann das Ende einer Reise und eines Lebens bedeuten. Achtsamkeit und auch immer ein bisschen Glück sind meine treuen Begleiter und ich bin mir bewusst, dass dies nicht selbstverständlich ist.
Das Vertrauen zu meinem Motorrad wurde jedenfalls sehr gestärkt durch diese Tour und mein Bestreben, mit ihm noch viele solcher Kilometer zu fahren.
Angenehm und freier wird diese Reise auch durch meinen neuen Helm, den ich das erste Mal für so lange Zeit trage.
Ohne ihn, hätte ich deutlich öfter Pause machen müssen, denn der alte begann nach spätestens zwei Stunden am Kopf zu drücken und weh zu tun (es ist nun mal ein Cross- und kein Tourenhelm).
Was möchte ich beim nächsten Mal anders machen?
Was ich leider noch nicht schaffe ist, Sport in das Motorradreisen zu integrieren.
Im normalen Arbeitsalltag mache ich 4-6 Mal wöchentlich Sport, was mit dem Schwimmen und Wandern auf dieser Reise nicht vergleichbar ist. Der Sport hat mir zwar während dessen zur Stressbewältigung nicht gefehlt, denn ich war durchweg sehr entspannt. Körperlich jedoch fühlt es sich nach den 16 Tagen etwas unwohl an und ich habe mich auf das Fitnessstudio und mein Mountainbike sehr gefreut.
Da ich bei einem starken Regen feststellen musste, dass mein Zelt undicht ist (es ist mittlerweile älter als ich – da ist so was verzeihlich), werde ich mich nach dieser Reise nach einem neuen umschauen.
Außerdem ist ein Gaskocher für diese Art von Reisen wohl eine angebrachte Anschaffung, da ich so jeden Morgen von Neuem schauen musste, wo ich einen Kaffee bekomme. Bei Glück war er am Campingplatz selbst erwerblich, jedoch nicht immer. Warmes Essen ist ebenfalls auf der Strecke geblieben. Von daher → Die nächste Reise mit Gaskocher.
Frankreich
Hygienestandart Campingplätze
Toilettenpapier und Seife sind auf deutschen Campingplätzen Standard. In Frankreich erlebe ich das als große Ausnahme nur ganz vereinzelt. So gewöhne ich mir an, immer Taschentücher und ein kleines Fläschchen Seife bei mir zu tragen.
Campingplätze
Dafür ist auf vielen Campingplätzen in Frankreich ein Schwimmbecken üblich. Auf einem der Campingplätze wurde sogar noch Aquasport angeboten und abends fand für groß und klein eine Poolparty mit Animation statt. An Programm wird da also einiges geboten, was ich so in Deutschland auf noch keinem Campingplatz erlebt habe.
Ob man am Ende eines langen Reisetages noch Animation und laute Musik braucht, darf jeder für sich entscheiden.
Etwas verwundert war ich auch, dass man hier beim 'einchecken' nach dem Personalausweis verlangt.
Kaffee au lait
Wenn ich Kaffee trinke, dann am liebsten mit warmer, aufgeschäumter Milch.
Als ich jedoch in Frankreich einen Kaffee au Lait bestelle, bekomme ich diesen meist in Form einer minimalistisch gehaltenen Tasse schwarzen Kaffees ('Zwergenformat') und einer Kanne Milch (Milch mit Kaffee träfe auf diese Bestellung wohl eher zu, statt Kaffee mit Milch) oder abgepackter Kaffeesahne.
So ergeht es mir durchweg. Mit einem Latte Macchiato kann keiner der Franzosen die ich treffe, etwas anfangen.
Kreisverkehre und 80 km/h auf Landstraßen
Zwei Mal geblitzt und leicht schwindelig im Kopf , vor lauter im Kreis fahren ist das Endergebnis nach der Tour durch Frankreich.
Auf Landstraßen nur erlaubte 80 km/h zu fahren verlangt von mir besonders an Tagen wo ich bis zu 9 Stunden auf dem Motorrad unterwegs bin, viel ab. Wie viele Kreisverkehre meinen Weg dabei kreuzten, habe ich nicht gezählt, fest steht jedoch: Die Franzosen lieben Kreisverkehre.
Gîtes
An vielen Häusereinfahrten hängt ein Schild mit der Aufschrift 'Gîtes' (=Zimmer). Dort besteht die Möglichkeit, für wenig Geld eine Unterkunft bei den Menschen Privat zu bekommen. Zum einen ist es günstiger als ein Hotelzimmer und zum anderen eine gute Möglichkeit, die Menschen dort besser kennenzulernen. Eine super Sache, die ab dieser Reise auf meiner 'wanna do – list' steht.
Zurück in Deutschland
Als ich auf dem heimischen Parkplatz von meinem Motorrad steige, fühlt es sich an, als wären die 16 Tage 3 Monate gewesen. Als hätte ich ein anderes Leben gelebt aus dem ich nun zurück kehre, in ein altes. Ich bin vollkommen eingetaucht in die Welt des Reisens, der Weite, der Natur und der Fremde und ich kehre sehr erfüllt und voll mit neuen Erfahrungen und Eindrücken zurück, mit dem Entschluss: „Genau das bedeutet für mich Zufriedenheit!“
Ich habe mich verändert, sehe die Dinge mit anderen Augen.
Mein erster Gedanke, als ich in meine Wohnung trat war: '' Du hast viel zu viel Zeug. Du musst minimieren!!! '' Denn wenn ich eines auf dieser Reise gemerkt habe, dann, dass weniger mehr ist.
Ich war 16 Tage mit drei Koffern, einem Zelt und einem Campingstuhl unterwegs. Die Hälfte davon hätte ich nicht gebraucht und gefehlt hat mir, außer einer Kaffeemaschine, NICHTS!
Ob Fernseher oder die große Auswahl an Kleidung, es kostet nur Zeit und Raum, diesen Dingen Beachtung zukommen zu lassen. Und spätestens, als ich nach der Überflutung meines Zeltes alle meine Sachen trocknen musste, habe ich mir gewünscht, weniger dabei zu haben.
Einen Tag nach meiner Rückkehr im Auto unterwegs zu sein, erfordert Umdenken.
Sehe ich Motorradfahrer, möchte ich die Hand zum Gruß seitlich ausstrecken und merke – ach nee, da ist ja ne Tür, Caro → AUTO!
An Ampeln zögere ich kurz, da mein erster Impuls wäre, an den wartenden Autofahrern vorbei bis vorne an die Haltelinie zu fahren.
Auf dem Mountainbike möchte ich ständig in den Rückspiegel gucken und wenn ich an Autos vorbei fahre, schaue ich ob das mit den nicht vorhandenen Koffern passt .
Es ist erst mal ungewohnt nicht mehr auf dem Motorrad zu sitzen. Nach 16 Tagen und 3750 gefahrenen Kilometern bin ich wie eine Einheit damit verwachsen. Das mag für Menschen die nicht fahren vielleicht komisch klingen, aber nein ich bin nicht auf den Kopf gefallen, es ist so.
Mein Traum ist, diese Art zu reisen und das Motorradfahren zu einem Hauptbestandteil meines Lebens zu machen, weil es das ist, was mich erfüllt, mich antreibt und in mir viel Lebensfreude weckt.
Diese Reise bestätigt mich darin, für meinen Traum zu arbeiten und alles zu tun was in meiner Macht steht, um ihn Realität werden zu lassen.
Wenn du es träumen kannst, kannst du es auch tun. (Walt Disney)
Wenige Tage nach meiner Rückkehr, verkaufe ich einen Teil meiner Sachen auf dem Flohmarkt.
Ein erster Schritt zur Minimierung ist getan.
Im zweiten kündige ich meine Wohnung, kaufe einen Wohnwagen mit Vorzelt und ziehe auf den Campingplatz. Mehr dazu?
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